Samstag, 29. März 2014

aus: Von der kindhaften Farbe des Rittersporns



Idyll

am himmel war ein mond gewachsen
stillschweigend steuerte er zum zenith
und die huren heulten hinter neongeflitter
und auf dem heißen asphalt, wo
aus augenhöhlen nacht schaute.
zwei schwule polizisten, streifegehend,
verirrten sich im dickicht der großstadt
und zapften im schlund eines betonklotzes
einen hauch einsamkeit voneinander.
um flüchtige berührungen begab sich eine schwade
schweißgeruch, die in schwarze schächte floh.
und aus der kanalisation krochen kreischende
stimmen körperlos lustvoller ratten.
die riefen nach mir, der ich immer noch
suchte und irrte, ruhlos, und gierte: meinen weg
versperrte die mauer des friedhofs die mauer des lands.
am himmel war ein mond gewachsen,
stillschweigend steuerte ich zum zenith.
war ich kein mond, schwieg doch mein mund.
und mein schatten wurde schwächer und schwächer
und der mond wurde dunkler und dunkler: wie trügerisch
ist doch erinnerung. und flüchtig streichelte ich
mein gesicht: zwei polizisten kannten
sich plötzlich nicht mehr, und schwarze huren hatten freier
längst gefunden, stöhnten, hockend zwischen säulen.
und die nacht floh in meine augenhöhlen.
ich spürte meine streichelnden hände nicht mehr
auf der haut aus eis das neongeflitter
erstarb mit der dämmrung. und am himmel
war ein mond verschwunden und ich auf dem gehweg.
aber wo war ich. verstreichelt, verstrahlt
verliebt und verlebt. mit den hurenden polizisten.
dunkler und dunkler irrend.

                                           frühjahr/sommer 1990

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