Mittwoch, 19. März 2014

Sappho

Heute ist mein Blog online gegangen. Und gleich habe ich mich getraut, einem Aufruf von Michael Gratz und Dirk Uwe Hansen zu folgen und ein Gedicht nach einer Vorlage von Sappho zu verfassen. Aber es wurden dann mehr:





Sappho trauert um Ophelia

Perlender Tau ist hingegossen auf deinen
Leeren und bleichen, verwesenden Leib.
Und neben dir diese Rosen erröten
schamvoll. Und ich.



Mond überm Meer

Rosenfingriger Mond überm salzigen Meer
Schwimmt in die blumenreichen Gefilde
Alle Sterne übertreffend nach diesem
Sonnenuntergang.


Genialer Bluff

Wie ein genialer Bluff
Erscheinen die Zitronen Roms mir
Diesen milden Winter lang
So zwischen Brunnen und dem Wind.

Sie gleichen jenem Mond,
Der traurig in das Dunkel
Starrt, in dem ich Pizza, Pasta
Und Polenta ess.
 

 
(Update am 06.12.2014: Das  Gedicht "Genialer Bluff" erschien am 01.12.2014 im Band "Muse, die zehnte" im Greifswalder Freiraum Verlag. Herausgegeben wurde er von Michael Gratz und Dirk Uwe Hansen)

6 Kommentare:

  1. "Sappho trauert...": Sujet finde ich SUPER, beim Metrum bist du ja eher auf der modernen Schiene unterwegs / relativ "flexibel" - müsste ich noch mal etwas genauer nachdenken, ob mir das richtig gefällt. Spannender fände ich auf den ersten Blick (!) die klassischere bzw. strengere Variante der sapphischen Strophe, da dein Sujet ja schon "moderner" ist, aber da muss ich eben noch mal drüber nachdenken, vielleicht ist es auch gerade gut so. "Schöner" finde ich etwas schwar, "Leeren" auch. "blassen, verwesenden" gefällt mir sehr gut - denke an Benn - und das mit dem Erröten ist klasse!

    "Mond überm Meer": Gefällt mir gut (nur "meer" in der ersten Zeile mit "M"?). Auch hier frage ich mich: Willst du klassische sapphische Strophen? Dann ist das Metrum zu lax (selbst wenn man "eine Länge = zwei Kürzen" gelten lässt...). Wenn du da gar nicht hin willst - dann passt's. Und dass der Mond nun ausgerechnet rosenfingrig ist, finde ich entweder sehr clever oder komisch. Wahrscheinlich doch eher clever, weil ja - ich denke da auch in der Folge der Gedichte im "Buch" - gerade vorher von "Erröten" die Rede war. Doch, gefällt mir. "blumenreichen" - weiß noch nicht so genau. Spontan würde mir "blütenreich" besser gefallen, aber das ist wahrscheinlich Geschmackssache.

    "Genialer Bluff": Finde ich super! Ich würde unter Umständen das "dem" in der letzen Zeile der ersten Strophe weglassen, aber das ist dann vielleicht zu kitschig-gefällig. Und ich hatte kurz überlegt, ob am Ende nicht "aß" besser ist als "ess", aber ich mag mittlerweile auch "ess". Klasse Text, gefällt mir sehr.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Und "schwar" beim ersten Kommentar sollte "schwach" heißen. Hab mich vertippt und man kann das hier wohl nicht edieren.

      Löschen
    2. Und mit "blassen" meinte ich "bleichen". Sorry. Man sollte doch genauer noch mal durchlesen, was man schreibt. "bleichen" ist gut. Sorry.

      Löschen
  2. Auf die sapphische Strophe wollte ich gar nicht zielen. Ich baue nur bereits übersetzte Texte Sapphos um, erschaffe sie für mich neu. Deshalb sind da Zitate drin, die ich in neue Beziehungen setze. So verstand ich Michael Gratz, auf der Grundlage der sapphischen Texte neues zu kreieren.
    Schöner Tau ist übrigens ein Zitat einer Sappho-Übersetzung
    Aber du bringst mich mit der sapphischen Strophe auf neue Ideen. Danke, liebe Jana, für den Kommentar!

    AntwortenLöschen
  3. Ja, blütenreich scheint mir im Nachhinein auch treffender :-)

    AntwortenLöschen
  4. Siehste mal, hab ich die Einleitung zu deinen Texten nicht gelesen... Ich kenne - zumindest aus der Erinnerung, ist eigentlich schon viel zu lange her - Etliches von Sappho, daher hat mir auch trotz dieser Kontextualisierung deiner Texte nichts gefehlt und ich hab mich auch über nix gewundert, deine Texte sind an sich spannend... Naja, das nächste Mal passe ich besser auf!
    "Schön" finde ich - Sapphos "Original" hin oder her - trotzdem etwas mau. Aber das kann auch an der Verflachung von "schön" liegen, das weiß ich nicht.

    AntwortenLöschen