MARTIN CAFÉ AM CORSO DI PORTA TICINESE
Am Tisch ein Pärchen. Von ihm sehe ich nur seinen
Rücken. Anzugträger. Sie, schön, brunette, langhaarig, lockig, braunäugig, sitzt
ihm gegenüber, trägt eine rot-braune Bluse mit auffälligem floralem Muster, die
nicht dorthin gehört, fremd an ihr wirkt. Sie schaut ihn an. Gestik:
distanziert-offen. Sein Italienisch wirkt hitzig. Er redet. Sie schweigt.
Pause. Beide lassen ihre Blicke irgendwohin gleiten, wahrscheinlich auf die
Füße, er redet fort. Schaut sie an. Sie weicht seinem Blick aus. Spielt mit der
Bluse, streicht sie glatt. Streckt sich, dass sie größer wirkt. Eine Katze. Sie
jetzt, mit halb zugekniffenen Augen und einem halb offenen Mund, setzt an und wartet,
dass sie reden darf.
Am anderen Tisch ein muskulöser Schwarzer,
Basecap, Bart, Muscelshirt. I'm bad!
In Weiß-Signalfarben. Auf Schwarz. Tiefes amerikanisches Brabbeln weht herüber,
das niemand verstehen kann. Ein Südstaatler, vermutest du. Das Mädel an seiner
Seite, blond gefärbt? Rot-blondes Haar. Ein Stimmchen, zart und fordernd. Wer
liebt hier wen?
Dann schwarze Straßenverkäufer: Ketten in bunt und kitschige
kleine Figuren-Anhänger um den Arm geschlungen. Wolle Rose kaufe?
Abend.
In der Mitte des Platzes: Jugendliche mit Take-Away-Getränken.
Eine Dreiergruppe Jungs mit Beck's-Bier in der Hand. Bis sich der Platz füllt
mit Lauten, Lachen. Mit Konsonanten und Vokalen. Mit Körpern und Licht. Das
Meer aus Sprache spült mich ans Ufer in die Tram.
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